TURANDOT – Gute Stimmen, aber für mich nicht stimmig

Ein Kulturerlebnis ist ja immer sehr subjektiv. Gerade für Oper gilt dies vielleicht in besonderer Weise, da sie so viele Facetten miteinander vereint. Entsprechend ist auch mein Erleben von Turandot in der Oper am Rhein natürlich nur eine Einzelmeinung, die andere nicht davon abhalten sollte, sich ein eigenes Bild zu machen.

Fantastische Stimmen

Vorab sei gesagt: Stimmlich war Turandot großartig, was – wie ich mir habe sagen lassen – wohl überhaupt nicht selbstverständlich ist. Tatsächlich spielt das Orchester meist sehr laut, die Arien sind kompliziert. Eine große Herausforderung an die Sängerinnen und Sänger. Sie wurde vorbildlich gemeistert, was sich an den Standing Ovations des Publikums eindeutig ablesen lies.

Aber trotz dieser grandiosen Sänger- und Chorleistung ist es mir an diesem Abend nicht so recht gelungen, Zugang zu Turandot zu bekommen – und das, obwohl dies eine der wenigen Opern ist, die ich auf CD besitze und recht gut kenne. Ich glaube, es lag vor allem an der Inszenierung, auch vielleicht an der schauspielerischen Leistung der Protagonisten.

Schwer zugängliche Story

Sicher: Die Geschichte ist sowieso nicht gerade leicht zugänglich. Im Mittelpunkt steht Prinzessin Turandot – böse, kalt, unsympathisch und männermordend. Diese „Unsympathin“ verzaubert (unverständlicherweise) den Helden der Geschichte so sehr, dass er sein Leben riskiert, um sie für sich zu gewinnen. Er muss dafür drei Rätsel lösen. Eine Aufgabe, die bislang niemandem gelungen ist. Und obwohl er diese Hürde nimmt, verweigert sich die Prinzessin ihm weiterhin. Daraufhin stellt er ihr ein Rätsel: Sie solle seinen Namen erraten. Um ihn zu erfahren, foltert Turandot die treue Dienerin der Familie, die den Helden liebt und daher lieber stirbt, als diesen zu verraten. Damit hat Turandot endgültig verloren und – was soll sie auch sonst tun – öffnet ihr Herz für den Helden, der sich schließlich als Prinz entpuppt.

Bild-Ton-Schere in der Darbietung

Der Inszenierung in Düsseldorf gelang es leider nicht, mir einen Zugang zu diesem schwer nachvollziehbaren Geschehen zu verschaffen. Das Erleben blieb für mich auf Distanz, ich fand keinen rechten Weg zu den handelnden Personen. Für mein Gefühl lag dies daran, dass die gesamte Darstellung sehr »scherenschnittartig« war. Es gab Licht und Schatten (im wahrsten Sinne umgesetzt durch irreale Video-Projektionen auf der einen Seite und historisch sehr real wirkende prunkvolle Kostüme auf der anderen Seite), Schwarz und Weiß, Gut und Böse. Es fehlten Zwischentöne und Unschärfen, die die erzählten Emotionen und Wandlungen hätten glaubhaft erscheinen lassen.

Damit ergab sich aus meiner Sicht eine regelrechte Bild-Ton-Schere: Die dargebotene Musik, der Gesang und die hohe Dramatik wollten einfach nicht zum eher steifen, seltsam wirkungslos bleibenden Geschehen auf der Bühne passen. Entsprechend konnte ich mich zwar dem Applaus für die Sängerinnen und Sänger anschließen, hatte aber nicht das Gefühl, einen besonderen Opernabend erlebt zu haben. Schade.


Hinweis: Wer die Oper noch in dieser Spielzeit besuchen möchte, sollte seinen Terminkalender zücken. Die letzte Aufführung findet am 20. April 2017 statt.


Foto Chor, Extrachor: Hans Jörg Michel

Sabine Haas

Sie gründete 1994 das result Markt- und Medienforschungsinstitut, 2007 folgte eine Webagentur, im Jahr 2011 der Geschäftsbereich Beratung. Als Kennerin der alten wie auch Neuen Medien gehört sie zu den gern gesehenen Speakerinnen bei Fachveranstaltungen & Kongressen rund um das Thema "Digitaler Wandel/Medienwandel".

Kommentare

  1. […] für einen Besuch von Turandot entschieden. Ehrlich gesagt, war ich etwas skeptisch: Nachdem ich Turandot in Düsseldorf gesehen hatte und dort etwas enttäuschend fand, war ich nicht sicher, ob das „kleine“ Immling […]

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